Being vulnerable here.
18.5.2024, Julia
Im Kontakt mit Freund: innen erlebe ich immer wieder, dass sich gesunde Menschen schwer vorstellen können, was es heißt chronisch krank zu sein. Chronisch bedeutet , immerwährend. Auch ein Mensch wie ich, die unglaublich viel Glück und Fortuna hat mit ME/CFS in Remission zu sein, ich habe auch immer noch Symptome, mal mehr mal weniger und PEM = Post exertionelle Malaise ist auch für mich noch Thema. Pacing ist mein täglich Brot. Acht geben wie viel an Löffeln noch da sind. Kein Vergleich zu früher, aber es ist noch da.
Und dann kommen die Symptome um die Ecke, die früher quasi 24/7 da waren, jetzt grade Schwindel und Übelkeit. Kann man sich in etwa so vorstellen wie ein fetter Hangover, der einfach nicht weggeht. Tage lang.
Dass ich eine der wenigen bin, die von einer ME/CFS in Remission gehen, hab ich maßgeblich den Infos von Anthony William zu verdanken. Seine Bücher, Podcasts und kostenlosen Online Kurse wie Infomaterial, sind mein Begleiter und meine Hilfe. Jetzt kommen Symptome und ich habe Tools, das ganze abzuschwächen oder deutlich früher zu beenden. Ich war von den Mediziner: innen und Therapeut: innen lange aufgegeben. Ohne diese Infos wäre ich nicht mehr Teil dieses Lebens.
Aber auch: Die Hilfe die ich von anderen Menschen erhalten habe, war und ist ein großer Teil der Genesung.
Drum: fragt Eure chronisch kranken Freund: innen wie es ihnen geht, bietet Hilfe an, guck nach ihnen.
Im mittleren Westen der USA ist es üblich, dass Nachbarn und Freund: innen kranken oder trauernden Menschen Essen vorbei bringen. Was eine schöne Tradition und Geste. In D ist es laut Statistik und vielen Sozialarbeiterinnen mit denen ich sprach, leider traurige Realität, dass je kränker jemand ist, desto mehr verliert diese Person den Freundeskreis, ihr soziales Netz. Das ist so traurig. Je weniger jemand also am „normalen“ Leben teilnehmen kann, desto mehr vereinsamt er:sie.
Soziale Netze
baut man sich auf, aber es funktioniert nur so gut, wie die einzelnen Glieder eben funktionieren, wie mitfühlend, wie mitdenkend, wie sorgsam und fürsorglich ein Mitglied ist.
Fürsorglichkeit ist nicht allein den Herkunftsfamilien vorbehalten, vor allem wo die ja manchmal einfach nicht mehr oder überhaupt nicht da sind. Alterseinsamkeit ist a thing, ua genau darum. Die, die schwerer und länger krank werden, merken genau das. Da wird dieses Phänomen einfach zeitlich vorgezogen:
eine Gesellschaft besteht aus Individuen, die leider statistisch in Deutschland diese Sorgearbeit entweder den Herkunftsfamilien und hier hauptsächlich den Frauen zuordnen oder dem maroden Pflegesystem. Dass man zB überhaupt erst Hilfe vom Staat in Deutschland kriegt, wenn man schon Hilfe hat (!) ist ne Nummer und real.
Ich danke denen, die mir helfen, mir halfen, die mir Hilfe angeboten haben.
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Behinderung oder Krankheit kann jede:n treffen. Binsenweisheit, aber real. Vielleicht ist das Teil des Problems, was man nicht wahrhaben will, wird lieber weggeschoben. So werden alte Freund: innen „weggeschoben“.
Die meisten chronisch kranken Menschen spielen einem eher vor, sie seien gesund und ok, als dass sie die Karte-XY ziehen. Warum? Weil es so viel Scham und auch Versagensgefühle um das Thema gibt. Nicht mehr „normal“ funktionieren zu können (was ist dieses normal eigentlich…) ist mit viel negativen Gefühlen behaftet und wird daher meist versteckt.
Wenn ich es mache,
mache ich es, weil mir sonst zB mein Erwachsensein abgesprochen wird, meine Kompetenz, meine Fähigkeiten zu wissen wann ich wie etwas kann oder nicht, ich werde zB nicht für voll genommen, mir wird meine Professionalität abgesprochen, meine Bedürfnisse, meine Menschlichkeit. Von der Gesellschaft, von Ärztinnen, von Therapeut:innen. Ganz zu schweigen davon, dass einem Romantisches oder Sexualität abgesprochen wird, ein Tabu und eins was sowohl chronisch kranke Menschen als auch Menschen mit Behinderung betrifft, darunter in größeren Zahlen die Frauen.
Im Job wie privat nicht hilfreich, grade wenn es um die Menschlichkeit oder die Professionalität geht. Also fordert lieber nicht die die sich verstellen auf, sich vulnerable zu zeigen, guckt dass sie es nicht mehr müssen. Offenheit, Verletzlichkeit, Mitgefühl sind hier glaub Schlüssel.
Chronisch Krank sein, bedeutet nämlich nicht, weniger Fähigkeiten zu haben als Gesunde, sondern mehr. Denn man muss sich diesem Ableismus anpassen, ihn umschiffen und mit ihm umgehen, während man seine Symptome koordinieren muss und seinen Job machen oder im privaten respektvoll, liebevoll und verständnisvoll sein will und auch muss (survival technique), so gut man das halt kann. Man muss neue Strategien lernen, man muss sich managen können, man muss Wissen ansammeln und Lösungen finden. Man ist gezwungen Expert:in in der eigenen Sache zu werden, während allem anderen- gleichzeitig. Zu selben Zeit.
Ein Grund warum ich „Food for Voice“* in meine Coaching Arbeit integriert habe: ich weiß jetzt wie man mit Nahrung die Stimme unterstützen kann, wie man eine Ernährung starten kann, die echten Change bewirken kann. Powerful.
Eigentlich wollte ich nur einen Mini-Einblick in mein Non-able-bodied-Life geben, jetzt ist es ein Aufruf geworden. Ein Aufruf zum Mitgefühl.
Denn, wenn ich das übe, dann werde ich auch irgendwann entdecken, dass dieses Mitgefühl auch für mich taugt. Für einen selber. Gewaltfreie Kommunikation mit einem selbst sozusagen.
In diesem Sinne:
iss genug grünes Blattgemüse, Trink genug Wasser (sprich meist mehr als du es bislang tust) und genieße lecker Obst. Es ist Sommer. Und schön draußen. Vielleicht textest du jemandem, der:die auch raus will, aber es alleine (schwer) kann oder einfach mal wieder Company will. Vielleicht reicht auch der Balkon, oder ein Obstsalat vorbei bringen. Fragen hilft.
Ich bin jedenfalls dankbar, dass ich nach all den Jahren des allein „untergehens“ wieder raus kann und den Mut aufgebracht habe, wieder um Hilfe zu bitten und auch Hilfe angeboten bekommen habe. Es lebe die Gemeinschaft.
*Food for Voice ist mein AW Starthilfe Angebot, Ernährungshilfe für Körper, Seele und Stimme, nach Anthony William in meinem Coaching Programm ‚Transformationsss‚
Wenn Du dich angesprochen fühlst von meinem Blogartikel und persönliche Begleitung im Thema Persönlichkeitsentwicklungsuchst, meld dich gerne bei mir: ich biete Coaching im Zusammenhang mit Stimme, Hilfe bei Stimm- & Sinnkrisen. Ich bin angewandte Stimmphysiologigin, Lichtenberger®Stimmpädagogin, Coach mit Spezialisierung in den Bereichen somatische Körperarbeit, Vagus- & Traumaorientiert. Meld dich gerne für eine Schnupperstunde oder ein erstes Gespräch. Ich freu mich dir zu helfen!Julia Döbele
💕Julia Döbele